Danzig, Marienkirche

Provinz Westpreußen

Die preußische Provinz Westpreußen mit der Landeshauptstadt Danzig, Geschichte in alten Ansichtskarten und zeitgenössischen Texten.

Danzig. Das nordische Venedig
Danzig. Das nordische Venedig

Provinz Westpreußen

Westpreußen, Lage im Deutschen Reich
Westpreußen, Lage im Deutschen Reich

Westpreußen, preußische Provinz (1824–78 mit Ostpreußen zur Provinz Preußen verbunden), umfasst, mit Ausnahme der beiden südwestlichen Kreise Deutsch-Krone und Flatow, die zu der polnischen Landschaft Kujavien gehörten, nur Gebiete, die dem Deutschen Ritterorden unterworfen waren, nämlich: Pomerellen (das Kassubenland) auf der linken, Kulmer Land und Pomesanien (nördlich von der Ossa) auf der rechten Seite der Weichsel.

Landkarte Westpreussen
Westpreussen

Westpreußen grenzt im Norden an die Ostsee, im Osten an Ostpreußen , im Süden an Russland (Polen) und die Provinz Posen, im Westen an Brandenburg und Pommern.

Wappen:

Das Wappen der Provinz Westpreußen ist ein in Silber goldbewehrter schwarzer Adler mit einer Krone um den Hals, aus der ein geharnischter, schwertschwingender Arm emporwächst.

Provinz Westpreußen, Großes Wappen
Provinz Westpreußen, Großes Wappen

Landesfarben:

Landesfarben der Provinz Westpreußen sind Schwarz, Weiß, Schwarz.

Provinz Westpreußen, Flagge
Provinz Westpreußen, Flagge

Verwaltungshauptstadt der Provinz Westpreußen:

Danzig 159.685 Einwohner – 1905 = 28. Platz der größten Städte des Deutschen Reichs.

Danzig, Marienkirche
Danzig, Marienkirche

Reichstag:

13 Abgeordnete

Preußisches Abgeordnetenhaus:

22 Mitglieder

Größe der Provinz Westpreußen:

25.534,9 km²

Provinz Westpreußen, Landkarte 1914
Provinz Westpreußen, Landkarte 1914

Gerichtsbezirke:

Die Provinz Westpreußen erstreckt sich auf den Bezirk des Königlichen Oberlandesgerichts Marienwerder, zu diesem gehören 5 Landgerichte mit 41 Amtsgerichten:

Danzig, Holzmarkt und Kriegerdenkmal
Danzig, Holzmarkt und Kriegerdenkmal

Einwohner:

Die Bevölkerung betrug nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 = 1.703.474 Einwohner:

  • 837.807 männlich
  • 865.667 weiblich
Graudenz, Schlossberg am Weichselufer
Graudenz, Schlossberg am Weichselufer

Bevölkerungsentwicklung:

  • 1816: 571.081
  • 1864: 1.253.118
  • 1871: 1.314.611
  • 1875: 1.243.750
  • 1880: 1.405.898
  • 1890: 1.433.681
  • 1900: 1.563.658
  • 1905: 1.641.746
  • 1910: 1.703.474

Natürliche Gebiete:

Weichselniederung, Südost-Abdachung des Pommerschen Landsrückens (Pommerellen; Turmberg 330 m), Südwest-Ecke des Preußischen Landrückens (Kulmerland)

Dirschau, Neue Weichselbrücke
Dirschau, Neue Weichselbrücke

Gewässer:

Untere Weichsel (250 km) und Nebenflüsse, Küstenfluss Elbing mit dem Oberländischen Kanal, zahlreiche Seen, namentlich in Pommerellen.

Klima:

Nicht günstig, kurze heiße Sommer, lange, kalte Winter.

Oliva, Schloss
Oliva, Schloss

Bewohner:

Im Jahr 1910 leben 1.703.474 Einwohner in Westpreußen, davon sind

  • 1.227.621 Deutsche
  •   475.853 Polen
  • 66% Deutsche, hauptsächlich Nachfahren niederdeutscher Sachsen und germanisierter Slawen, so bevölkerten deutsche Einwanderer aus Westfalen die Stadt Thorn.
  • 33% Polen, fasst alle links von der Weichsel, dort auch die 100.000 Kassuben.
Deutsche Stämme nach Sprachgebieten (1918)
Deutsche Stämme nach Sprachgebieten (1918)

Bevölkerungsdichte:

64,3/km²

Bildung:

Die Provinz Westpreußen verfügt nach Angaben von 1909 über eine Technische Hochschule, 14 Gymnasien, 2 Realgymnasien, 3 Oberrealschulen, 6 Progymnasien, 5 Realschulen, 2 Realprogymnasien, eine Landwirtschaftsschule, 11 Lehrerseminare, 11 Präparandenanstalten, 3 Taubstummenanstalten, eine Blindenanstalt u.a.

Thorn - Rathaus (Kaiser Wilhelm-Denkmal) und Artushof
Thorn – Rathaus (Kaiser Wilhelm-Denkmal) und Artushof

Religion: 1910

  • 789.081 Evangelisch
  • 882.695 Katholisch
  •   13.954 Juden
  •   17.744 Andere und Konfessionslose
Hela, Eingang zur Dorfstraße
Hela, Eingang zur Dorfstraße

Militär:

  • 1881: Westpreußen ist Ersatz- und Garnisonbezirk eines Teils des I. Armeekorps (3. und 4. Brigade) und eines Teils des II. Armeekorps (Teil der 8. Brigade). Festungen befinden sich in Danzig, Thorn und Graudenz.
  • 1909: Militärisch gehört Westpreußen mit Ausnahme der Kreise Deutsch-Krone und Flatow, die zum Bezirk des 2. Armeekorps gehören, zum Bezirk des 17. Armeekorps.
Tuchel, Kriegerdenkmal
Tuchel, Kriegerdenkmal

Wirtschaft:

  • Landwirtschaft sehr unterschiedliche Fruchtbarkeit. Fruchtbar ist Kulmerland, das Weichseltal und das Werder (Weizen, Zuckerrüben, Gemüse und Obst). Pferdezucht im Werder.
  • Bergbau so gut wie nicht vorhanden.Industrie nur in Danzig (2 Werften – Kaiserliche Werft Danzig und Schichau – Lokomotiven), Elbing (Torpedoboote), viele Brennereien.
  • Handel Danzig, Elbing und Thorn sind die Hauptsitze des Handels. Danzig mit dem Vorhafen Neufahrwasser und Elbing haben große Reedereien und einen lebhaften Handel mit Getreide, Holz und Kolonialwaren. Im Schiffsverkehr in Neufahrwasser wird außer durch die Hansestädte nur durch Stettin und Kiel übertroffen.
  • Hauptzollämter (1881) – in Danzig, Deutsch-Krone, Elbing , Marienwerder, Preußisch-Stargard und Thorn.
  • Nebenzollämter (1881) –  in Neufahrwasser

Oberpräsidenten 1878 – 1918 der Provinz Westpreußen:

Der Oberpräsident und der Landesdirektor nebst dem Provinziallandtag und Provinzialausschüsse haben ihren Sitz in Danzig. Dem Oberpräsidenten unterstehen das Medizinalkollegium, das Provinzialschulkollegium, die Provinzialsteuerdirektion mit den zwei Hauptzollämtern und vier Hauptsteuerämtern und die Regierung. Ferner unterliegen der Provinzialverwaltung der Straßenbau, das Taubstummen- und Hebammenlehrinstitut, die Provinzialirren- und die Besserungsanstalten, das Landeskrankenhaus, die Provinzialhilfskasse und der Meliorationsfonds.

Marienburg (Westpr.), Westseite Marienburg
Marienburg (Westpr.), Westseite Marienburg

Administrative Gliederung der Provinz Westpreußen:

Die oberste Verwaltung der Provinz Westpreußen wird von dem Königlichen Oberpräsidium in Danzig ausgeübt, welches dem preußischen Staatsministerium unmittelbar unterstellt ist. Die Provinz wird in 2 Regierungsbezirke und 29 Kreise (inklusive Stadtkreise) eingeteilt:

  1. Regierungsbezirk Danzig (der Norden Westpreußens) mit einer Fläche von 7.956,93 km² und 665.992 Einwohnern (Jahr 1900), gliedert sich im Jahr 1910 in 12 Kreise: Berent, Danzig (Stadt), Danziger Höhe (Sitz in Danzig), Danziger Niederung (Sitz in Danzig), Dirschau, Elbing (Stadt), Elbing (Land), Karthaus, Marienburg (Westp.), Neustadt (Westp.), Preußisch-Stargard und Putzig
  2. Regierungsbezirk Marienwerder (der Süden Westpreußens) mit einer Fläche von 17.577,97 km² und 897.666 Einwohnern (Jahr 1900), gliedert sich im Jahr 1910 in 17 Kreise: Briesen, Culm, Deutsch Krone, Flatow, Graudenz (Stadt), Graudenz (Land), Konitz, Löbau i. Westp. (Sitz in Neumark), Marienwerder, Rosenberg (Westp.), Schlochau, Schwetz, Strasburg (Westp.), Stuhm, Thorn (Stadt), Thorn (Land) und Tuchel.
Marienwerder (Wpr.), Gesamtansicht
Marienwerder (Wpr.), Gesamtansicht

Geschichte Westpreußens:

Westpreußen, Wappen
Westpreußen, Wappen

Während der Völkerwanderung wurde das Land zwischen Pommern und Kurland nach der Auswanderung der Germanen durch Litauer besetzt, zu denen die Pruzzen (Preußen) gehörten, die nach Kämpfen mit Polen und Schwertrittern 1283 durch den Deutschen Ritterorden unterworfen wurden. Die Stadt Danzig besitzt seit 1237 deutsches Stadtrecht.

Deutschland vor der zweiten (der ostgermanischen) Wanderung
Deutschland vor der zweiten (der ostgermanischen) Wanderung

Die westpreußischen Stände, durch deren Verrat der Deutsche Orden besiegt worden war (besonders Danzig verfolgte hier eigene Ziele) genossen innerhalb Polens wichtige Privilegien, aber die Polonisierung der Landbevölkerung und des niederen Adels nahm schon im 16. Jahrhundert zu. Die Reformation wurde vom Lande ferngehalten und die im polnischen Königreich zunehmende Anarchie machte sich auch in Westpreußen besonders wirtschaftlich bemerkbar. Nur die Städte bewahrten ihre deutsche Kultur und ihre Selbständigkeit, wenn auch mitunter rohe Gewalttaten, wie das Thorner Blutbad (7.12.1724), vorkamen. Nur Danzigs Handel zog aus den wirtschaftlichen Zuständen des polnischen Hinterlandes Nutzen.

Völker Mitteleuropas nach 476
Völker Mitteleuropas nach 476

Westpreußen, welches zum großen Teil von deutschsprachigen Siedlern bewohnt war kam 1772 zu Preussen. Während im angrenzenden Pommern und Ostpreußen schon längst Land- und Agrarreformen durchgeführt worden waren, welche den Bestand der Bevölkerung sicherten, war Westpreußen unter den polnischen Verwaltern völlig vernachlässigt worden. Das wurde nun umgehend nachgeholt, so dass auch Westpreußen bald auf einem ähnlichen Entwicklungsstand wie der Rest Preußens war (Verbesserung der Infrastruktur, der Verwaltung, Erschließung von landwirtschaftlichen Flächen, Einführung der Kartoffel, etc.).

Tuchel, Landratsamt
Tuchel, Landratsamt

Während der napoleonischen Besetzung wurden die Städte 1807–13 wieder von Westpreußen getrennt. Friedrich der Große teilte Westpreußen in mehrere Kammerdepartements und verhalf dem Land in wenigen Jahren durch Regulierung der Weichselniederung, Anpflanzungen, Errichtung von Schulen und Einführung einer geordneten Verwaltung und wirtschaftlicher Entwicklung. Seit der Neuorganisation des Staates 1808 bildete Westpreußen eine Provinz des preußischen Staates. Vom 3.Dezember 1829 bis 1. April 1878 waren Ostpreußen und Westpreußen als eine Provinz vereinigt. Westpreußen sah sich jedoch stets hinter Ostpreußen zurückgesetzt und wünschte die Trennung. Trotz des Widerspruches aus Ostpreußen , wurde die Provinz Westpreußen am 1. April 1878 per Gesetz vom 19. März 1877 von Ostpreußen wieder getrennt.

Westpreußen und Ostpreußen 1919
Westpreußen und Ostpreußen 1919 nach dem Versailler Vertrag

Der Versailler Vertrag bestimmte 1919 die Abtretung der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen. Nur kleine Teile der Provinzen verblieben bei Deutschland. Diese wurde als Grenzmark Posen-Westpreußen zusammengefasst und Schneidemühl die neue Provinzhauptstadt. Am 11. Juli 1920 stimmte die Bevölkerung im Kreis Marienburg mit über 98,9 % für den Verbleib bei Deutschland und gegen den Anschluss an Polen. Daraufhin kam der Osten der Provinz Westpreußen als Regierungsbezirk Westpreußen mit Sitz in Marienwerder zur Provinz Ostpreußen und gehört so von 1920 bis 1945 zu Ostpreußen.

Marienwerder, Commisson Interalliée 1920
Marienwerder, Commisson Interalliée 1920

Die Polen unterdrückten im gesamten Land massiv ihre nationalen Minderheiten (Deutsche, Ukrainer, Litauer und Weißrussen). Da Polen so oft von internationalen Gerichten wegen Bruchs des Minderheitenschutz-Abkommens vom 28. Juli 1919 verurteilt wurde, sagte es sich schließlich 1934 einseitig von diesem Abkommen los.

Der Verlust von Westpreußen und Posen an Polen 1919
Der Verlust von Westpreußen und Posen an Polen 1919

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges (1939 – 1945) wurde nach dem Polenfeldzug Westpreußen als Reichsgau Danzig-Westpreußen dem Deutschen Reich eingegliedert. Nach Kriegsende werden die Gebiete wieder polnisch. Die Deutschen fliehen vor der heranrückenden Roten Armee, werden ermordet, verschleppt, bzw. komplett vertrieben. Insgesamt rund 18,5 Millionen Deutsche werden aus ihrer alten Heimat vertrieben, dazukommen rund 1,5 Millionen Russlanddeutsche. Der Kirchliche Suchdienst in München hat 18.367.957 Personen namentlich erfasst (stand 21.12.1980). In den jetzt wieder polnischen Gebieten Westpreußens und Posens gelten rund 185.000 Deutsche (14 % der deutschen Einwohner) als „Nachkriegsverluste“, also als nach dem Krieg ermordet, in Lagern verhungert, in der Verschleppung umgekommen oder vermisst (Statistisches Bundesamt 1958).

Bildergalerie

Quellenhinweise:

  • Prof. A. L. Hickmann’s Geographisch-statistischer Taschen-Atlas des Deutsches Reichs, Leipzig und Wien 1897
  • „F. W. Putzgers Historischer Schul-Atlas“, Verlag von Velhagen & Klasing, 1902
  • „Harms Vaterländische Erdkunde“, 1906
  • „Post-Taschen-Atlas von Deutschland nebst Ortsverzeichnis“, Th. Pfuhl, Berlin, 1906
  • „Meyers Großes Konversations-Lexikon“ 6. Auflage in 20 Bänden, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien, 1905-1911
  • „Petzolds Gemeinde- und Ortslexikon des Deutschen Reiches“, Band 1 und 2, Bischofswerda (Sachsen), 1911
  • „Oberstufen-Altas für höhere Lehranstalten“ Gotha Justus Perthes 1914
  • „Schwarzbuch der Vertreibung 1945-1948: Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ von Heinz Nawratil, Universitas 2007
Reichsadler 1889-1918

Ähnliche Beiträge

Vorherige SeiteNächste Seite
WittenDanzig

Kommentar verfassen